So bieten Sie Angst- oder Panikattacken Paroli!
Panikattacken sind gar nicht so selten, etwa 12 Millionen Deutsche hatten schon mal eine.
Das sind immerhin mehr, als Baden-Württemberg Einwohner hat.
Gemessen an dem Bedrohungspotenzial, dass man dabei fühlt, ist so eine Angstattacke eigentlich eher harmlos. Rein körperlich passiert da - außer ein bisschen sympathischer Erregung – zum Glück nicht viel.
Was unser Verstand sich dann aber zurechtinterpretiert, das kann zum echten Problem werden. Nämlich dann, wenn die Angst vor weiteren Attacken unser ganzes Leben kontrolliert.
Meine Vorschläge sollen keinesfalls eine Therapie ersetzen, sondern bei einer persönlichen ersten Einordnung helfen und Lösungswege aufzeigen.
Dazu möchte ich vier Fragen beantworten:
- Woran erkenne ich eine Panikattacke?
- Was kann ich im akuten Fall von Panikgefühlen tun?
- Wie lässt sich die Wahrscheinlichkeit für weitere Attacken reduzieren?
- Wann könnte therapeutische Hilfe nützlich sein?
Micha und Sven haben vor kurzem etwas erlebt, was sie so noch nicht kannten: urplötzliche starke Angstgefühle. Micha hat es nachts erwischt. Er war sich ganz sicher, einen Herzanfall zu erleiden. Die Panik steigerte sich zu Todesangst und er ließ den Notarzt kommen. Zum Glück ist alles gut ausgegangen, sein Herz scheint in Ordnung zu sein, aber die Sorge, dass so etwas wieder passieren könnte, ist geblieben.
Sven hatte erstmal keine körperlichen Symptome, sondern mitten in einem Meeting plötzlich das Gefühl einer veränderten Wahrnehmung. Alles war seltsam komisch und fremd. Darüber hat er sich dann so erschrocken, dass er die Veranstaltung verlassen musste, um sich wieder zu sammeln.
Die Symptome einer Panikattacke können also sehr unterschiedlich sein. Schauen wir uns das genauer an!
Frage 1: Woran erkenne ich eine Panikattacke?
Unterscheiden wir körperliche und psychische Symptome!
Bei den körperlichen Symptomen finden wir meist:
- Herzrasen,
- Kurzatmigkeit,
- Atemnot,
- Brustschmerzen,
- Enge in der Brust,
- das können aber auch Hitzewallungen sein,
- Schweißausbrüche,
- starkes Zittern und
- Schwindelgefühle.
Bei den psychischen Symptomen sind es häufig:
- Plötzlich auftretende Angstgefühle, die sich schnell steigern,
- Angst, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder zu sterben oder
- das Gefühl, sich selbst fremd zu sein oder eine eigentlich bekannte Umgebung plötzlich als seltsam fremd wahrzunehmen.
Festhalten können wir:
Panikattacken kommen plötzlich, fühlen sich sehr bedrohlich an und klingen in der Regel nach 10 Minuten bis zu einer halben Stunde wieder ab.
Dann ist aber nicht alles einfach vorbei, sondern es bleibt eine gewisse Angst, das könnte wieder passieren. Diese Angst verliert sich mit der Zeit, wenn es keine weitere Panikattacke gibt. Die Angst wird aber tendenziell stärker, wenn weitere Attacken folgen.
Wer wirksame Methoden kennt, um sich in diesen Situationen selbst zu steuern, ist der Angst weniger ausgeliefert. Es braucht also ein Notfall-Maßnahmen-Paket!
Frage 2: Was kann ich im akuten Fall von Panik tun?
Panikattacken sind so etwas wie eine besondere Interpretationsleistung unseres Geistes.
Wir spüren etwas, was sonst nicht so präsent ist, etwa einen kräftigen Herzschlag.
Daraus konstruieren wir dann eine Situation maximaler Bedrohung:
Ich werde sterben, verrückt werden, mein Herz versagt. Parallel dazu wird eine ganze Kaskade sympathischer Erregung ausgelöst – das Ergebnis ist maximaler Stress!
Deshalb hilft Ihnen alles, was Stress reduziert, so wie diese drei nützlichen To-dos!
To-do Nr. 1 bei Panikgefühlen: Mit der Atmung arbeiten!
Angst ist assoziiert mit beschleunigter und unregelmäßiger Atmung. Konzentrieren wir uns auf langsame und gleichmäßige Atmung, signalisieren wir unserem System: Es ist alles okay, alles unter Kontrolle.
Dazu tief einatmen und langsam ausatmen, tief einatmen und noch länger ausatmen und beim nächsten Mal vielleicht noch ein bisschen länger ausatmen.
Wer sich mit Atemtechniken beschäftigen mag, findet da noch viel ausgefeiltere Varianten. Die muss man aber wirklich geübt haben, um sie in einer Stresssituation abrufen zu können.
Aber - auch das ganz simple Prinzip kontrollierter langsamer Atmung funktioniert wunderbar, um Stressempfindungen zu reduzieren.
Wenn es eine Person gibt, die Sie ansprechen können, so nutzen Sie das.
Micha, aus dem obigen Beispiel, könnte mit seiner Frau sprechen. Wenn so eine Panikattacke nochmal anrollt, könnte sie ihm dabei helfen, auf eine entspannende Atmung umzulenken.
Falls Sie sich in Ihrem Umfeld niemandem anvertrauen mögen, dann gehen Sie die folgenden Schritte eben alleine.
Wann und wo auch immer die Angst wieder auftritt:
Ziehen Sie sich heraus aus dem, was gerade ist oder war -
und atmen Sie.
Wenn Sie nicht gerade zu Hause sind, suchen Sie sich ein ruhiges Plätzchen, ein stilles Örtchen gibt es ja nahezu überall.
To-do Nr. 2 bei Panikgefühlen: Selbstgespräche oder Gedanken steuern
Unser Geist produziert ganz natürlich Gedanken - ständig, denn das ist sein Job. Etwa so, wie unser Mund unablässig Speichel produziert. Jeder, der mal versucht hat an nichts zu denken, weiß wie schwer das ist.
Im Normalfall ist das auch kein Problem, aber bei Panikgefühlen ist es sehr wahrscheinlich, dass wir uns durch katastrophierende Gedanken selbst in diese Gefühlslage manövrieren.
Nicht zu denken funktioniert also eher nicht, zumindest nicht unter Stress; was aber funktioniert, ist der Gedankenstopp und die bewusste Entscheidung für nützliche Gedanken.
Sobald Sie sich „seltsam" oder unkomfortabel fühlen, werden Sie aufmerksam und achten genau auf das, was Sie denken.
Bei gedanklichen Kommentaren, wie „Oh, ich glaube, es wird wieder ganz schlimm“, sagen Sie innerlich Stopp.
Beginnen Sie bewusst zu atmen und sprechen Sie zu sich. Das geht auch innerlich:
- „Das ist gerade sehr unangenehm, aber es nicht gefährlich,
- und ich atme langsam ein und noch langsamer aus,
- die Angst wird gleich nachlassen und dann ganz verschwinden."
- „Ich spüre die Angst, aber ich bin nicht diese Angst."
- „Es wird nichts passieren, ich verstehe die Angst noch nicht, aber sie darf jetzt da sein."
Dieser akzeptierende Umgang mit der Angst ist die beste Prophylaxe vor weiteren Attacken oder gar einer Panikstörung.
Wer sich bezüglich der Gefährlichkeit der Symptome nicht so sicher ist, sollte das unbedingt beim Arzt abklären lassen. Wer wie Micha, vom Notarzt die Bestätigung hat, dass sein Herz in Ordnung ist, wird die Panik vor einer Herzattacke besser kontrollieren können.
To-do Nr. 3 bei Panikgefühlen: ein Notfall-Set zusammenstellen
Hierzu gehört alles, was Ihnen direkt guttut oder auch einfach nur ablenkt.
Manchem hilft beispielsweise:
- ein besonderer Duft oder
- eine bestimmte Musik, um sich wieder zu entstressen.
- Andere gehen an die frische Luft oder
- können sich durch Singen und Summen und die dabei entstehenden Vibrationen im Körper gut ablenken und beruhigen.
Auch das sollte man vorher ausprobiert haben, damit sich die Wirksamkeit für Sie bestätigen kann!
Frage 3: Wie lässt sich die Wahrscheinlichkeit für weitere Attacken reduzieren?
Diese Frage ist natürlich spannend, weil sie ein Stück weit auch nach den Ursachen fragt.
Warum bekomme überhaupt eine Panikattacke und warum gerade jetzt?
Stress und Überforderung finden sich sehr häufig im Vorfeld der 1. Attacke:
- Eine Trennung,
- viele Überstunden oder auch
- finanzielle Schwierigkeiten.
Allerdings muss sich ein erhöhtes Anspannungslevel nicht unbedingt schlecht anfühlen. Ich kenne sehr erfolgreiche Menschen, die subjektiv eher das Gefühl hatten, ihr Leben hebt gerade so richtig ab, im positivsten Sinne.
Bei genauerer Analyse findet man dann vor der 1. Panikattacke eben auch einen sehr hochtourigen Lebensstil - über eine recht lange Zeit.
Permanente Anspannung scheint ein Auslöser für Panik und Ängste zu sein und wenn wir uns die Ursachen von Daueranspannung anschauen, landen wir bei Faktoren, die wir auch prüfen, wenn wir unseren Lifestyle unter die Lupe nehmen:
- Die gute Ernährung,
- der ausreichende Schlaf,
- die regelmäßige körperliche Aktivität,
- die Übung in Achtsamkeit,
- die regelmäßige Entspannung,
- Techniken zur Stressbewältigung,
- und bereichernde soziale Kontakte.
Nikotin und Alkohol geben einem manchmal das Gefühl einer kurzfristigen Erleichterung, sind aber insgesamt kontraproduktiv.
Nach meiner Erfahrung, spricht unser Körper fortwährend mit uns. Wenn es irgendwo zwickt, ist das eine sanfte Aufforderung, etwas anders zu machen. Vielleicht mehr Pausen einlegen, sich bewegen oder sich bekömmlicher ernähren.
Eine Panikattacke verstehe ich deshalb genauso. Irgendetwas in Ihrem Leben sollten Sie verändern. Hohe Anspannung für kurze Zeit stecken wir weg, aber das ist nichts für den Dauerbetrieb.
Regeneration ist ein zentrales Bedürfnis von Körper und Geist, sorgen Sie diesbezüglich also gut für sich.
Empfehlungen für einen gesunden Lebensstil, beispielsweise zu Meditation, Schlaf oder Bewegung finden Sie in meinem Blogartikel: Können Sie eigentlich noch abschalten? Ihr Guide zur perfekten Erholung!
Frage 4: Wann könnte therapeutische Hilfe nützlich sein?
Das ist dann der Fall, wenn die Angst vor der nächsten Panikattacke Sie im Griff hat.
- Wenn Sie bestimmte Situationen vermeiden,
- wenn Sie sich zurückziehen und Ihren Aktionsradius zunehmend einschränken,
- wenn Sie keine Veranstaltungen mehr besuchen, kein Kino, kein Event wo viele fremde Menschen sind.
Dann holen Sie sich therapeutische Hilfe.
Ich weiß, dass es ein Weilchen dauern kann, bis man einen Therapieplatz hat. Deshalb sind auch Apps zum Umgang mit Ängsten durchaus eine Option. Davon finden Sie reichlich im Internet zum Download.
Die, deren Nutzen klinisch belegt ist, werden von den Krankenkassen bezahlt, vorausgesetzt ein Rezept liegt vor.
Selbstzahler müssen recht viel investieren, zwischen 500.- € und 950.- €.
Drei Apps kann ich Ihnen empfehlen, diese sind auch im Ranking bei Stiftung Warentest ganz oben:
- HelloBetter Panik,
- Gaia Velibra,
- oder Mindable bei Panikstörung,
von Mindable Health.