Was uns heute krank macht!
Vier gesellschaftliche Megatrends fördern psychische Belastungen!
Es ist in der guten, alten Zeit! Mein Opa ist Gärtner und baut in Eigenregie Blumen und Gemüse an. Meine Oma organisiert den Verkauf in einem kleinen Laden, den sie gemeinsam managen. Maschinen lohnen sich nicht für den kleinen Betrieb und so gibt es vor allem jede Menge körperliche Arbeit, viel bücken, hacken und schleppen. Auch nicht ohne!
Arbeitsbedingungen, aber auch die Arbeit an sich, haben sich stark gewandelt. Wenn wir eine Arbeit heutzutage als fordernd oder belastend einstufen, meinen wir nicht mehr vorrangig, dass sie schweißtreibend ist oder die Gelenke überstrapaziert. Zumeist sind psychische Anforderungen gemeint, wie eine stetig wachsende Aufgabenmenge, Überstunden, häufige Unterbrechungen oder „schwierige“ Kunden am Arbeitsplatz.
In entwickelten Industriestaaten zeichnen sich vier entscheidende Trends ab, die psychische Belastungen besonders rasch anwachsen lassen:
Trend 1: Der Dienstleistungssektor weitet sich immer stärker aus!
- Dieser Prozess wird auch als „Tertiarisierung“ bezeichnet! Neben der Land- und Forstwirtschaft als „primärer Sektor“ und dem produzierenden Gewerbe als „sekundärer Sektor“ wird der Dienstleistungsbereich im Wirtschafts- Jargon als „tertiärer Sektor“ bezeichnet. Hier waren nach Angaben des statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 bereits rund 74% der insgesamt 41 Millionen Erwerbstätigen im Einsatz.
- Zu den Dienstleistungen zählen beispielsweise Leistungen in Handel und Verkehr, das Bank- und Versicherungsgewerbe oder auch Gesundheitswesen und Tourismus. Hier geht es verstärkt um Information, Wissen, Kommunikation und Kundenorientierung. Die geistigen Anforderungen sind komplex und Informationen müssen zudem ständig auf dem neuesten Stand gehalten werden.
- Im Reisebüro reicht es für Mitarbeiter längst nicht mehr aus, nur die Kataloge zu kennen. Der Kunde will blitzschnell und tagesaktuell ein supergünstiges Angebot, am besten mit individuellen Sonderleistungen und dazu das Gefühl eine sehr persönliche Beratung genossen zu haben. Und die Konkurrenz im Internet will auch im Blick behalten werden!
Trend 2: Wir leben und arbeiten in ständiger Beschleunigung!
- Die Digitalisierung macht es Kunden leicht, Angebote zu vergleichen und durch Technisierung und Globalisierung entsteht vermehrt Wettbewerbsdruck. So werden beispielsweise die Fristen für Dienstleistungen oder die Erstellung von Produkten immer kürzer. Wer Produkt A zum Preis X sofort liefern kann und nicht erst in 2 Tagen, hat gewonnen.
- Aber auch Arbeitstätigkeiten und Berufsprofile verändern sich schneller. Sowohl Service- als auch Kundeninteraktionen verlagern sich mehr und mehr auf digitale Kanäle. Eine große Anzahl an Kommunikationsplattformen will also permanent und gleichzeitig bespielt werden. Mitarbeiter müssen damit zunehmend lernbereit und anpassungsfähig sein.
- Selbst die besten technologischen Innovationen fordern uns auch hier immer wieder heraus. Oft machen sie unsere Arbeit effizienter oder komfortabel! Die beschleunigte Taktung der Neuerungen lässt aber auch Wissensbestände schneller veralten und hebelt so das Erfahrungswissen von Mitarbeitern aus. Ein Stressfaktor, nicht nur bei älteren Mitarbeitern.
Trend 3: Informations- und Kommunikationstechnologien durchdringen unseren Alltag!
- Computer, Laptop und Smartphone sind innerhalb der Arbeitswelt für die meisten von uns zur Selbstverständlichkeit geworden. Während man früher noch zwei Tage „Postweg“ für eine Informationsweitergabe per Schriftstück einplanen musste, so sind es heute nur noch wenige Minuten. Informationsüberflutung und Unterbrechungen der Arbeit durch Mails und Anrufe gehören inzwischen einfach dazu.
- Durch diese „Informatisierung“ wird es zudem immer einfacher ortsunabhängig und flexibel zu arbeiten. Beschäftigte können ständig erreichbar sein und häufig verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit. Vielen Beschäftigten fällt es inzwischen schwer an Abend oder Wochenende richtig abzuschalten. (Tipps zum Abschalten)
- Aber auch ganz ohne stressige Gedanken an die Arbeit - allein der Blaulichtanteil der Gerätedisplays von Smartphone &Co hat schon Auswirkungen auf die Bildung wichtiger Schlafhormone. Bei der Nutzung am Abend, verschlechtert sich die Schlafqualität, was wiederum echte Erholung noch unwahrscheinlicher macht ...
(Tipps zum Einschlafen)
Trend 4: Neue Steuerungsformen der Arbeit fordern mehr Eigenverantwortung!
- In immer mehr Unternehmen geben Vorgesetzte nur noch Ziele oder Termine vor. Den Beschäftigten bleibt es dann selbst überlassen, wie sie die Aufgabe erfüllen. Diese Entwicklung lässt sich auch als „Subjektivierung der Arbeit“ bezeichnen. Die Ergebniserreichung kann zwar selbstbestimmt gestaltet werden, der Mitarbeiter muss sich aber auch ständig selbst organisieren, Tätigkeiten rationalisieren und optimieren. Diese Art „Unternehmertum“ bei Beschäftigten führt oft zu einer Art „Selbstausbeutung“. Auf Pausen wird verzichtet, Überstunden sind die Regel, man will sich bewähren und den Anforderungen möglichst gerecht werden.
- Während uns die Arbeitsbedingungen also tendenziell stärker fordern, wachsen auf der anderen Seite auch die inhaltlichen Ansprüche an die Beschäftigung. „Träume nicht Dein Leben, sondern lebe Deinen Traum“ lautet der medial notorisch gehypte Selbstverwirklichungs-Auftrag. Wirklich zu beneiden, wer da nicht gelegentlich unter Stress gerät.
Mein Plädoyer für mehr Entscheider-Mentalität:
Megatrends sind was sie sind - Massenbewegungen, die bereits richtig Fahrt aufgenommen haben. Die Politik ist wie immer total überrascht von den Entwicklungen und kommt bei der notwendigen Anpassung von Gesetzen kaum hinterher.
Aber selbst wenn sinnvolle Gesetzesnovellen wie §5 Absatz 6 innerhalb des Arbeitsschutzgesetzes formuliert werden, bleibt man in der Umsetzung halbherzig. Dieser Paragraph fordert seit 2013 psychische Gefährdungsbeurteilungen und stressreduzierende Maßnahmen in Betrieben. Der Personalabbau in den Arbeitsschutzbehörden lag jedoch zwischen 2002 und 2010 bei ca. 25 %, die Zahl der Betriebsbesichtigungen nahm um 40 % ab (nachzulesen bei Wittig-Götz 2012: staatliche Arbeitsschutzverwaltung).
Der Gesetzgeber setzt offenbar auf Freiwilligkeit - bisher liegt die Durchführungsrate bei psychischen Gefährdungsbeurteilungen in Betrieben jedoch gerade einmal bei etwa 16% (nachzulesen bei Elke Ahlers, Hans Böckler- Stiftung: Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und die (ungenutzte) Rolle von Gefährdungsbeurteilungen, 2015).
Ohne Kontrollen und Sanktionen wird dieses Gesetz vermutlich auch weiterhin tendenziell wirkungslos bleiben. Was fehlt, sind klare Entscheidungen, die konsequent zu Ende gedacht werden. Schade, denn die "neuen", durch die beschriebenen Megatrends geforderten Kompetenzen, lassen sich ja entwickeln. Und hier könnten Unternehmen ihre Mitarbeiter konkret und ganz praktisch unterstützen, gesund zu bleiben!
Sollten Sie als Verantwortlicher also eine psychische Gefährdungsbeurteilung für Ihr Unternehmen planen, ist das in etwa so, als würden Sie beim Autofahren in der geschlossenen Ortschaft auf maximal 50 km/h herunterbremsen, einfach weil Sie es für eine gute Sache halten.
... und das, obwohl Sie ganz sicher wissen, dass der Blitzer keine Kamera "im Kasten" hat!
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