Prüfungsrelevante Standards bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung
Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen sind in den letzten Jahren zur häufigsten Ursache für Fehlzeiten und Erwerbsminderungsrenten geworden. Kein Wunder also, dass der Gesetzgeber Unternehmen verpflichtet, aktiv zu werden. Erfahren Sie hier, welche Standards bei der Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung einzuhalten sind (Stand November 2019).
Was ist die gesetzliche Grundlage für die psychische Gefährdungsbeurteilung?
- Jeder Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, sich mit dem Thema Gesundheitsschutz zu befassen und Gefährdungen für Mitarbeiter möglichst gering zu halten. Die wesentliche Rechtsgrundlage dafür ist seit 1996 das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
- Als zentrales Instrument des Arbeitsschutzes wird in § 5 ArbSchG eine Gefährdungsbeurteilung zum Erkennen und Verringern von Belastungen am Arbeitsplatz gefordert.
- Seit 2013 sollen hier neben den physischen auch die psychischen Belastungen in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Integration der psychischen Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung).
Es gibt keine Pflicht eine eigenständige, von der Beurteilung anderer Gefährdungsarten losgelöste Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Die Untersuchung psychischer Belastungen stellt aber eigene spezifische Anforderungen an die Fach- und Verfahrenskenntnisse der Akteure. Deshalb ist es meist sinnvoll, sie als eigenständigen Prozess zu steuern und sich die nötige Kompetenz mit ins Boot zu holen.
Welche Standards gibt es für die Durchführung?
1. Welche Methoden werden empfohlen?
Folgen Sie den Empfehlungen der Gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA)! Sie ist eine auf Dauer angelegte Aktion von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern zur Stärkung von Gesundheit am Arbeitsplatz. Deren Richtlinien sind eng am betrieblichen Bedarf orientiert und beschreiben praxisgerechte Verfahren zur Beurteilung psychischer Belastung. Diese Methoden haben sich bewährt:
- die Mitarbeiterbefragung
- der Analyse-Workshop
- das Beobachtungsinterview
Um psychische Belastungen zu ermitteln, können Sie beispielsweise eine Mitarbeiterbefragung per Fragebogen oder auch exemplarisch Beobachtungsinterviews an einzelnen Arbeitsplätzen durchführen. Damit schaffen Sie eine zuverlässige Datenbasis.
In Analyse-Workshops kann beurteilt werden, welche Belastungen tatsächlich gesundheitsgefährdendes Potenzial haben; im selben Schritt können auch Lösungen erarbeitet werden.
2. Welche Faktoren der Arbeitsgestaltung sollen untersucht werden!
Orientieren Sie sich hier an den Vorgaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Diese Institution hat unter anderem die Aufgabe, die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben durch gezielte Forschungsprojekte zu unterstützen. So gibt es auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen inzwischen klare Erkenntnisse, welche Faktoren für die psychische Gefährdungsbeurteilung relevant sind.
- die Arbeitsaufgabe
- die Arbeitsorganisation
- die sozialen Beziehungen
- die Arbeitsumgebung
Die „Instrumente“ zur Untersuchung der genannten vier Bereiche, beispielsweise der Fragebogen für eine geplante Mitarbeiterbefragung, sollte wiederum forschungsmethodisch sauber konstruiert sein und auch datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen. (Literatur-Tipp siehe unten)
3. Welche Bausteine sollen im Prozess enthalten sein und dokumentiert werden?
Dokumentieren Sie folgende Schritte Ihrer psychischen Gefährdungsanalyse:
- die Beurteilung der Gefährdungen (Mitarbeiterbefragung, Workshops, etc.)
- ein Maßnahmenplan einschließlich Terminen und Verantwortlichen
- die Überprüfung der Wirksamkeit
- das Datum der Erstellung jeder Unterlage
Die Dokumentation kann dabei digital, als Papierunterlage und auch per Fotoprotokoll erfolgen. Außerdem muss die Gefährdungsbeurteilung immer aktuell sein, sich also auf die aktuellen Begebenheiten im Unternehmen beziehen. Anlässe für eine Aktualisierung sind beispielsweise umfassende Veränderungen von Tätigkeiten oder Arbeitsabläufen, Beschwerden, Gesundheitsbeeinträchtigungen oder andere Faktoren, die auf psychische Belastung bei der Arbeit hindeuten.
Beispiele ausgewählter Analyse-Instrumente und -Verfahren finden Sie in: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.)
Wer überprüft eigentlich die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes?
Gemäß dem föderalistischen System hier in Deutschland sind für den Arbeitsschutz die Bundesländer zuständig. Die obersten Landesbehörden (Arbeitsministerien) bestimmen dazu meist nachgeordnete Behörden mit dem Vollzug bzw. der Überwachung der Aufgaben.
In Nordrhein-Westfalen sind dies beispielsweise die Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierungen. Sie fungieren als ortsnahe Ansprechpartner für Beschäftigte und Arbeitgeber. Hier können sich beispielsweise auch Arbeitnehmer oder deren Angehörige melden, wenn Sie die Arbeitsumstände im Betrieb als gesundheitsbeeinträchtigend einschätzen.
Seit 2014 achten die Aufsichtspersonen bei Betriebsprüfungen auch darauf, dass das Themenfeld der psychischen Belastungen und Beanspruchungen bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt wird.
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