Mobbing - Die Psychologie dahinter!
Wer denkt, Mobbing kann nur Menschen treffen, die vorher in irgendeiner Form dazu eingeladen haben, der irrt gewaltig. Es kann quasi jeden treffen! Es braucht nur:
- eine typische Konstellation von Machtverhältnissen,
- Personen, die davon profitieren jemanden zu schikanieren und
- Beteiligte, die sich nicht verantwortlich fühlen.
Wer Einblick in diese Dynamik hat, erkennt Mobbing früher und kann an den richtigen Stellschrauben ansetzen, um diese Dynamik zu unterbrechen.
Nach einer Umfrage von Statista und dem Meinungsforschungsinstitut YouGov von 2021, haben fast 30 Prozent der Befragten, Mobbing am Arbeitsplatz erlebt.
Als Opfer wohlgemerkt!
Es gibt aber nicht nur Opfer und Täter: innen, sondern auch Menschen, die zwar registrieren, dass jemand „fertig gemacht wird", die aber nicht eingreifen, sogenannte „Zuschauer“.
Warum so viele einfach zuschauen, dazu gibt es gleich noch mehr zu erfahren.
Denn diese Zuschauer spielen eine wichtige Rolle in der Dynamik, denn Mobbing ist ein Gruppenphänomen und kann sich nur in einem bestimmten „Ökosystem“ richtig gut entwickeln.
- Es gibt den Täter/die Täterin oder Anstifter: in und evtl. Mitmacher: innen
- das Opfer und evtl. auch Verteidiger: innen
- Zuschauende, die das mitbekommen, aber nicht direkt beteiligt sind
Viele denken, Mobbing sei ein Beziehungskonflikt zwischen Täter: in und Opfer, das ist es aber nicht; denn die passiven Zuschauer geben unablässig ihr „Okay" zu dem, was da geschieht und halten es damit aufrecht.
Mobbing ist also immer die Angelegenheit einer ganzen Abteilung, eines Teams, eines Unternehmens.
Mobbendes Verhalten kann aktiv sein.
Jemand wird beispielsweise:
- verbal angegriffen,
- bloßgestellt,
- bekommt demütigende Aufgaben zugeteilt,
- man spinnt Intrigen
- oder streut Gerüchte.
Es kann sich aber auch passiv zeigen.
- Jemand wird ignoriert,
- ausgegrenzt,
- vom Informationsfluss abgeschnitten.
Zudem ist Mobbing kein Einzelereignis, sondern die Aktionen finden immer systematisch statt und über einen längeren Zeitraum.
Wir sind soziale Wesen und brauchen die Resonanz von anderen. Wenn diese Resonanz negativ ist oder verweigert wird, dann ist das sehr grausam:
- Wir zweifeln an uns,
- fühlen uns wertlos,
- viele verstummen regelrecht,
- wehren sich nicht mehr,
- machen das Geschehen auch nicht öffentlich, um nicht als Petze dazustehen.
Kaum eine Situation am Arbeitsplatz ist so zermürbend, macht so krank, wie Mobbing.
Mobbende verfolgen in der Regel zwei Ziele:
- Der Machtgewinn in einer Gemeinschaft.
Jemand braucht irgendein Opfer, um die eigene Position in der Gruppe zu stärken. Das ist nichts Persönliches, der Täter trifft die Wahl strategisch: wo ist möglichst wenig Gegenwehr zu erwarten, vonseiten des Opfers und auch der Gruppe! Die Mitmacher erhoffen sich ebenfalls eine Stärkung ihrer Position! - Das Opfer soll beruflich und persönlich zugrunde gerichtet werden.
Das ist sehr persönlich, denn es geht darum, einem bestimmten Anderen zu schaden. Etwa, weil man neidisch ist, Angst hat, der andere könnte besser sein, weil man in seinem/ihrem Narzissmus gekränkt wurde usw..
Es herrschen ungleiche Machtverhältnisse. Das Opfer ist dem Täter immer in irgendeiner Form unterlegen. Wenn dies hierarchisch begründet ist, beispielsweise durch eine Chefposition, dann spricht man auch von Bossing.
Aber auch durch einfache Mehrheitsverhältnisse, kann jemand Macht ansammeln. Das ergibt unter Umständen einen Zustand, der sich in der Form „Alle gegen Einen“ zeigt.
Dabei gilt:
• ein mobbender Kollege, braucht immer auch „Mitmacher", um seine überlegene Position zu installieren,
• dem Chef/der Chefin, reicht es beim Bossing völlig aus, wenn die Zuschauer passiv bleiben.
Bei einer Studie in England, hat man die Mitarbeiter einer Universität nach ihren Mobbingerfahrungen befragt, insbesondere bezüglich der Zuschauerrolle:
83 Prozent gaben an, dass sie ein Mobbing von anderen mitbekommen haben. Gut 60 Prozent gaben zudem an, dass sie es haben geschehen lassen.
Es gibt bei den Zuschauern zwei gut unterscheidbare Personengruppen:
- Einmal diejenigen, die mit dem Opfer mitfühlen. Diese Zuschauer sind auch eher bereit, etwas zu tun. Dies sind die potenziellen Verteidiger.
- Die andere Gruppe sind jene, die mit dem Opfer „mitleiden". Diese Personen reagieren extrem gestresst, erstarren regelrecht, wenn sie Mobbingsituationen erleben. Sie wenden sich dann eher vom Geschehen ab, weil sie das gar nicht aushalten können. Bei erstarrten Zuschauern ist so etwas wie Zivilcourage daher eher unwahrscheinlich.
Zudem gibt es ein Phänomen, das nennt sich Zuschauer-oder Bystander-Effekt. Der besagt:
Je mehr andere fremde Personen anwesend sind, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass die Einzelperson jemandem in Not zur Hilfe kommt.
Durch die anderen, fühlen wir uns weniger persönlich verantwortlich, einzuschreiten.
Wenn sich jedoch nur einer entscheidet, die Zuschauerrolle zu verlassen und dem Opfer zu helfen, dann schließen sich auch andere eher an. Wenn wir sehen, wie andere Hilfe leisten, werden auch wir eher aktiv.
Soviel zu den Dynamiken beim Mobbing!
- Erstmal ist es wichtig zu erkennen, dass man selbst nicht das Problem ist. Manche werden gemobbt, weil sie selbstbewusst auftreten, toll aussehen oder besonders kompetent sind und sich jemand dadurch bedroht fühlt.
Oder man möchte sein Selbstwertgefühl aufbessern und manövriert jemanden zum Schikanieren in eine unterlegene Position.
Mobbing sagt immer mehr über die Täter: innen aus, als über die Opfer. Deshalb ist es so wichtig, sich nicht in Selbstzweifeln zu verlieren, sondern gleich bei ersten Anzeichen zu reagieren. - Zeigen Sie sich von Ihrer kämpferischen Seite. Manche reagieren auf Angriffe mit besonderer Nettigkeit, in der Hoffnung, es möge nicht noch schlimmer kommen. Aber genau das wird passieren, weil man sich damit als leichtes Opfer präsentiert.
Bessere Strategie: laut werden, kontern, keine Angst haben, für sich einzustehen. - Sprechen Sie mit Kollegen, machen Sie sie zu Zeugen, bitten Sie um Unterstützung. Vielleicht lässt sich aus einem mitfühlenden Zuschauer ein Verteidiger machen. Das wäre eine Chance, weil dann eher auch andere folgen.
Wenden Sie sich an höhere Vorgesetzte, den Personaler, den Betriebsrat. Dabei hilft auch der nächste Tipp. - Führen Sie Protokoll darüber, welche Person, was genau, wann gesagt, getan oder unterlassen hat, archivieren Sie Mails, die das Mobbing dokumentieren usw., führen Sie quasi ein Mobbing-Journal.
- Sie können sich auch passiv wehren und sich krankschreiben lassen. Die gewonnene Zeit können Sie nutzen, um sich zu erholen und bei einem Arbeitsrechtler juristische Beratung einzuholen. Dabei kann das Mobbing-Journal sehr hilfreich sein.
Mobbing findet oft sehr unterschwellig statt, ist deshalb nur schwer zu beweisen und dann eben auch nicht klagefähig.
Dies gilt insbesondere beim Bossing. Beziehungen im Job sind meist keine echten Freundschaften und wenn der Chef mobbt, dann gefährden viele lieber nicht die eigene Position. Mobbingopfer stehen oft alleine da, weder Vorgesetzte noch Betriebs- oder Personalrat wollen sich damit beschäftigen oder es fehlt an Kompetenz.
Zudem werden Mobbingsituationen auch gerne verschwurbelt; man tut dann so, als wäre das Ganze nur ein Konflikt zwischen zwei Personen oder die Animosität eines Einzelnen.
Wenn die 5 proaktiven Tipps keine Resultate zeigt, dann kann man getrost die Hoffnung aufgeben, dass sich die Situation bessert.
Eine Kündigung kann dann eine sehr gesunde Entscheidung sein. Eine Firma, in der Mobbing nicht unterbunden wird, wird keine gute Führungskultur haben. Vielleicht macht es das etwas leichter, eine anvisierte Karriere zu unterbrechen und sich neu auszurichten.
In einer Gemeinschaft, in der man Schikane ablehnt und diese Haltung auch klar vertritt, da wird sich ein Mobber nicht durchsetzen können.
Führungskräfte haben die Macht so etwas zu unterbinden und sollten früh einschreiten, denn Mobbing vergiftet jedes Arbeitsklima. Wer denkt, das erledigt sich von selbst, der läuft zudem Gefahr einen wertvollen Mitarbeiter zu verlieren.
Aber auch Zuschauer sind nicht machtlos. Man kann zum Unterstützer des Gemobbten werden. Allein die moralische Unterstützung ist schon hilfreich, weil es Solidarität zeigt.
Man muss sich nicht gleich heldenhaft gegen die Mobber in den Ring begeben. Schon leisere Signale, die bekunden, dass man etwas nicht in Ordnung findet, haben Wirkung.
Wenn beispielsweise im Meeting jemand zusammengestaucht wird und die Führungskraft nicht eingreift, kann man mit einem kritischen Kommentar den Raum verlassen:
„Wie Kollege Meier hier behandelt wird, finde ich unerträglich!"
Es braucht ja oft nur einen Mutigen/eine Mutige, die aufsteht und den Anfang macht. Vielleicht können Sie - in einer entsprechenden Situation - derjenige sein, der den Unterschied macht!