Führungskraft 4.0: Drei essentielle Eigenschaften bringen Sie weiter!
Das Arbeitsethos „Ich leiste, also bin ich", geht mit der Boomer-Generation in Rente. Das Selbstverständnis von Mitarbeitern hat sich verändert und sie wollen anders geführt werden. Auf welche drei Eigenschaften oder Fähigkeiten von Führungskräften es ganz besonders ankommt, das erfahren Sie hier!
Seien wir mal ehrlich: Als Führungskräfte wollen wir Mitarbeiter haben, die mehr von sich einbringen, als das, was in der Stellenbeschreibung steht. Wir wollen viel mehr! Neben dem fachlichen Knowhow auch:
- Engagement,
- Leidenschaft,
- Identifikation mit dem Unternehmen.
Wir wollen auch mehr Leistung, als im Arbeitsvertrag steht, beispielsweise in Form von Überstunden oder Sonderschichten.
Mitarbeiter sind zu all dem auch bereit, solange sie das Gefühl haben, dass es fair zugeht:
- faire Bezahlung,
- faire Chancen zur Weiterentwicklung,
- faire, transparente und respektvolle Kommunikation.
Die wahrgenommene Fairness ist entscheidend dabei. Als während des Streiks der GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer), in den letzten Wochen bekannt wurde, dass die Chefs der Bahn sich fette Boni genehmigt haben, ging auf der Verhandlungsebene erst mal nichts mehr. Das erschien den Streikenden angesichts der Leistung der Unternehmensführung als ungerechtfertigt, unangemessen und einfach unfair.
Dabei ist Fairness die Währung, in der Führungskräfte einzahlen, wenn es um das Vertrauenskonto geht. Mitarbeiter, die Vertrauen haben in die Integrität der Verantwortlichen, sind eher bereit, sich zu engagieren und auch wirtschaftliche Durststrecken mitzutragen.
Die Angst vor der Konfrontation mit Konflikten ist eines der größten Hindernisse in der Entwicklung zufriedener Teams. Denn Konflikte verschwinden nicht, indem man sie ignoriert. Im Gegenteil – je länger man wartet, um so größer werden sie.
Es geht darum:
- Konflikte zu antizipieren, bevor sie da sind,
- sie zu erkennen, wenn sie da sind,
- sie anzusprechen und zu lösen.
Ein Beispiel kommt von Gerrit:
In seinem Unternehmen in der Technologiebranche konkurrierten zwei Mitarbeiter um einen Aufgabenbereich, wegen seiner besonders starken Außenwirkung: der Präsentation von Neuentwicklungen.
Stellt der Leiter des Entwickler-Teams das Produkt vor oder der Leiter des Marketing-Teams?
Gerrit ließ „das Ganze" laufen, in der Hoffnung, dass sich die beiden schon einigen würden. Es passierte aber etwas anderes:
- in beiden Arbeitsbereichen wurden Informationen zurückgehalten, damit der jeweils andere nicht in der Lage war, die Präsentationen vollständig abzuliefern.
- Die Abteilungen zogen also nicht am gleichen Strang,
- Wettbewerbsvorteile konnten so nicht richtig nach außen vermittelt werden und
- die Verkaufszahlen gingen zurück.
Gerrit, als Zahlenmensch, hat erst da begriffen, dass dieser Konflikt nicht nur zwei Führungskräfte betrifft, sondern Auswirkungen auf das Gesamtunternehmen hat.
Wir können festhalten: Ungelöste Konflikte haben
- immer Auswirkungen und sie haben
- die Tendenz sich auszubreiten, auf andere Abteilungen und auch auf andere Lebensbereiche.
Da es aber kein Unternehmen ohne gelegentliche Konflikte gibt, ist die Konfliktfähigkeit so entscheidend.
In Gerrits Firma führte ich eine Konfliktmoderation durch. Das Ergebnis nach 2,5 Stunden Workshop:
- Die Entwicklungsabteilung stellt ab jetzt das Produkt vor und
- anschließend gehört die Bühne dem Marketing, um die Ideen zur Vermarktung vorzustellen.
Tenor war: Da hätten wir auch früher draufkommen können! Jedoch ist es eben auch so, dass Konflikte manchmal den Blick auf die Lösung ganz schön vernebeln können.
Nicht immer gelingt mit Entscheidungen auf Führungsebene eine Win-Win-Lösung. Konfliktbereitschaft bedeutet nämlich auch, eine Entscheidung zu treffen, mit der man sich bei Einzelnen unbeliebt macht.
Lange Zeit wurde uns suggeriert, dass es Menschen mit geradezu klotzigem Selbstbewusstsein, leichter haben, erfolgreich zu sein. Oft hat sich das auch bestätigt: wer sich gut verkaufen konnte, hatte den Job!
Wer eine Führungsposition dann aber umfassend ausfüllen will, braucht vielmehr ein differenziertes Selbstbild. Das bedeutet zu akzeptieren, dass man Eigenschaften hat, die in bestimmten Situationen hilfreich sind und in anderen weniger. Je realistischer man sich selbst einschätzen kann, desto leichter kann man Stärken gezielt weiterentwickeln, mit Schwächen umgehen und sie sogar ausgleichen.
Ein Beispiel kommt von Antonia:
Sie arbeitet im Controlling und ist fachlich sehr stark. Seit einem Jahr hat sie zudem Personalverantwortung und führt ein großes Team. Die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse stimmen, bei der Mitarbeiterbefragung hat sie jedoch negative Bewertungen bekommen: sie wirke desinteressiert an ihren Mitarbeitern.
Menschen können unterschiedlich ausgerichtet sein, etwa ergebnisorientiert wie Antonia, aber auch beispielsweise beziehungsorientiert. Dieses „sich verbinden mit anderen“, gehört jedoch nicht zu ihren Kernkompetenzen:
- so etwas, wie netter kollegialer Austausch,
- mal ein privates Wort,
- ein Grußwort unter der Mail etc..
Diese Mikro-Interaktionen in Teams fördern so etwas, wie ein Gemeinschaftsgefühl und sind für viele Menschen essentiell, um überhaupt motiviert arbeiten zu können.
Antonia kann das inzwischen ausgleichen. Sie macht beispielsweise beim Mailschreiben einen abschließenden Check: Wäre es angemessen, neben dem Arbeitsauftrag oder der sachlichen Vermittlung von Information, noch etwas Persönliches zu formulieren? Das ist wie Fremdsprache lernen für sie, aber dieses beziehungsorientierte Kommunizieren, gelingt immer spontaner.
Wer reflexionsfähig ist, kann mit der Zeit immer besser einschätzen, welche Wirkung das eigene Verhalten auf andere hat.
Ich meine, den Chefs der Bahn hätte neben einem Sinn für Fairness auch eine Extraportion Reflexionsvermögen ganz gutgestanden, oder?
Aber, man lernt ja auch aus Negativbeispielen!