Sie wirken schroff und unfreundlich?
„Andere sagen, ich würde manchmal schroff und unfreundlich wirken!“.
Das höre ich in Trainings häufiger und immer mit dem Nachsatz: „... dabei bin ich eigentlich ganz nett".
Wie kann es zu dieser Diskrepanz kommen?
Viele Unternehmen kultivieren die schnörkellose Kommunikation geradezu:
- keine Anrede,
- kein Schlusswort,
- das Anliegen wird bei Mails in der Betreffzeile untergebracht.
Nackte Information, reduziert auf das Wesentliche. Sachlich, effizient, pragmatisch!
Das spart ganz sicher Zeit. Wer diese Fokussierung auf das Wesentliche besonders gut beherrscht, läuft jedoch auch Gefahr schroff, unfreundlich oder kurz angebunden zu wirken.
Abgesehen von der kommunikativen Kultur in Unternehmen, gibt es zudem unterschiedliche Kommunikationstypen. Manche lieben es kurz, sachlich und auf den Punkt. Für andere ist Kommunikation immer auch Beziehungspflege.
Da werden an die Infos Smileys angehängt, man wünscht sich einen erfolgreichen Tag oder bedankt sich im Voraus.
Ich nehme in Unternehmen immer wieder mal den Mailverkehr unter die Lupe. Dabei interessiert mich beispielsweise:
- Wie hoch der Anteil an rein sachlicher Informationsweitergabe ist,
- im Gegensatz zum Anteil an beziehungsstiftender Kommunikation,
die darauf zielt, dass der andere sich wahrgenommen und wertgeschätzt fühlt.
Ein Phänomen zeigt sich ganz unabhängig von der jeweiligen Branche:
- einige Mails sind zu 100% rein sachlicher Natur,
- andere nur zu 25%,
d.h. in diesen Mails sind 75% des Inhalts reines Beziehungsmanagement.
Das sind natürlich die Extreme, aber es zeigt auch, wie unterschiedlich wir kommunizieren. Für manche ist das Soziale in der Kommunikation wichtiger, als für andere.
Hier zwei Beispiele:
- Nachricht in der Betreffzeile:
Meeting abgesagt, neuer Termin folgt!
Wie hoch schätzen Sie den Sachlichkeitsgehalt ein? Genau, 100%! - Liebe Kollegen, leider müssen wir unser Meeting verschieben. Es gibt ja schon länger Probleme mit der Technik im Konferenzraum. Morgen kommt die Fachfirma ins Haus und belegt den Raum. Ein neuer Termin folgt bis Ende der Woche. Falls ein Anliegen nicht warten kann, ich habe zufällig morgen ein freies Zeitfenster :-). Ihnen allen eine erfolgreiche Woche, Paul Meier.
Wie sieht Ihre Schätzung hier aus?
Paul Meier:
- liefert eine Begründung,
- er schafft Verbindlichkeit bezüglich des neuen Termins,
- er macht ein Kontaktangebot als Führungskraft.
Hier sind geschätzt 75% des Inhalts auch Beziehungsmanagement!
Von diesen Beispielen ist keins besser, als das andere. Manchmal ist eine kurze Info absolut ausreichend. Beispielsweise wenn man:
- häufigen Kontakt hat,
- jemanden mehrfach am Tag sieht oder
- kurztaktig etliche Mails hin und herschickt.
Wenn man aber ausschließlich mit diesem „Zeitsparmodell" unterwegs ist, dann bleiben eben auch Dinge auf der Strecke. Beispielsweise der gute Draht zu Menschen, die mehr sozialen Austausch brauchen.
Wenn Sie also gelegentlich die Rückmeldung bekommen, Sie seien zu schroff oder unfreundlich, dann höchstwahrscheinlich von jemandem, der diese Beziehungsebene vermisst.
Wollen Sie mehr Beziehung in Ihre Kommunikation bringen, dann helfen diese fünf Strategien:
Lächeln und Blickkontakt schaffen Verbindung. Das gilt für Präsentationen, Gespräche und auch Online Meetings.
In Rhetorik-Trainings ist die fehlende Mimik meine häufigste Rückmeldung.
Viele sind so konzentriert auf ihre Inhalte, dass ihnen ihre versteinerte Miene gar nicht bewusst wird.
Das klingt simpel und geradezu selbstverständlich, ist es aber gar nicht. Vielen fällt das erst bei der Arbeit mit der Kamera auf.
Wenn Sie Ihr Gegenüber nicht verlieren wollen, stellen Sie immer wieder Blickkontakt her und fragen beispielsweise – lächelnd- ob es Fragen gibt!
Wenn Sie etwas entscheiden, absagen oder verkünden, dann liefern Sie doch gleich eine Begründung mit.
Auch, wenn Sie das eigentlich nicht müssen. Sie lassen damit Andere an Ihren Entscheidungsprozessen teilhaben.
Wer vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ärgert sich leicht. Wenn man jedoch erkennt, dass Sie eine Entscheidung nicht mal „eben so" getroffen haben, sondern um die beste Lösung gerungen haben, ernten Sie eher Dank und Respekt.
Sie kommunizieren damit Wertschätzung!
Überlege Sie mal, wie Sie Ihre Kommunikation individualisieren können. Menschen wollen wahrgenommen werden, als Individuum. Damit Ihr Informationsaustausch mit Einzelnen auch individuell ist, nehmen Sie Bezug auf etwas Persönliches:
- Sind wir uns eigentlich schonmal persönlich begegnet?
- Hallo Frau Meier, was macht der Hausbau?
- Wir hatten ja im letzten Monat schonmal gemeinsam überlegt ...
- Viel Erfolg bei der Präsentation morgen ... usw.
Gewöhnen Sie sich an, nicht nur eine Funktion anzusprechen, also die Marketingabteilung, sondern immer auch „Frau Meier", als Person.
Das gilt für jeden Kontakt, egal ob persönlich, am Telefon oder per Mail.
Wenn sich jemand die Mühe macht, in Mails sehr nett und ausführlich zu schreiben, dann würdigen Sie das doch im Gegenzug mit ein paar Sätzen von Ihrer Seite.
Nehmen wir an, ein Kollege legt Ihnen genau dar, warum er eine Aufgabe noch nicht fertigstellen konnte. Er fragt Sie, ob eine Abgabe morgen auch noch okay ist. Dann fertigen Sie die Person nicht mit einer Antwort im Telegrammstil ab.
Beispielsweise: „ja ist okay", sondern nehmen Sie auch Bezug auf das, was er Ihnen erzählt hat. „Da war ja ganz schön was los bei Ihnen! Klar, Abgabe morgen reicht!
Wenn ich gerade eingespannt bin und Mails bekomme oder jemand versucht hat, mich anzurufen, dann antworte ich auch sehr knapp. Ich füge aber so etwas hinzu, wie: „Lieber Gruß aus einem Workshop in Dingenskirchen".
Dann weiß jeder, warum ich so kurz angebunden bin.
Wenn Sie etwas einfach weiterleiten wollen, beispielsweise eine Mail mit Anhang, dann gestalten Sie das doch etwas persönlicher.
Setzen Sie einen persönlichen Gruß in die Betreffzeile oder etwas Ähnliches:
- Der weitergeleitete Inhalt geht an den Kollegen in seiner Funktion,
- der Gruß ist für die Person, den Menschen bestimmt.
Weiterleitungen sollten Sie immer auf diese Art „veredeln“. Das braucht nur wenige Sekunden und wird garantiert als Freundlichkeit verbucht.
Mit diesen fünf Strategien beziehe ich mich auf Situationen, die an den meisten Arbeitsplätzen vorkommen.
Grundsätzlich geht es aber um Routinen im kommunikativen Miteinander, die Wertschätzung vermitteln. Diese lassen sich leicht auch auf andere Arbeits- oder Lebenssituationen übertragen.
Hier noch einmal die 5 Überschriften auf einen Blick:
- Lächeln und Blickkontakt halten!
- Entscheidungen begründen!
- Kommunikation individualisieren!
- Würdigen Sie nett gestaltete, ausführliche Mails!
- Versehen Sie Weiterleitungen immer mit einem Gruß!
Das Beziehungsmanagement wird durch die zunehmende Digitalisierung, immer wichtiger werden!
In diesem Sinne: Ringen wir der Effizienz ein paar Freundlichkeitspunkte ab!