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5 Minuten Lesezeit

Aggressive, übergriffige Kunden im Büro?


Teil 3: Ihr „Werkzeugkasten“ für brenzlige Situationen mit Kunden!

Manche Begegnung mit Kunden enthält eine große Portion destruktiver Energie. Gut zu wissen, an welchen Schrauben sie dann drehen können!

Sie haben jetzt schon etwas über die nonverbale Aussagekraft und Wirkung physischer Distanz erfahren. Und Sie haben gelernt, wie Sie Kunden durch Ihr Verhalten nachhaltig entstressen können, um einer Eskalation entgegenzuwirken.

Es gibt aber auch Menschen, für die es zum Erfolgsmodell geworden ist, Ziele zur Not mit aggressivem Verhalten durchzusetzen. Subjektiv empfundene Machtlosigkeit wird etwa durch Drohgebärden oder Herabsetzung des Gegenübers kompensiert. Als Vertreter:in ihrer Behörde bekommen Sie dann - je nach emotionaler Gemengelage - die ganze Wut und Empörung ab.

Angriffe dieser Art führen jedoch - unabhängig von der persönlichen Belastbarkeit eines Mitarbeitenden - immer zu einem heftigen Stresserleben.

Deshalb geht es im dritten Teil der Blogserie um den Umgang mit echtem Gefahrenpotenzial.

Ihr Werkzeugkasten für brenzlige Situationen:

1. Klienten „brüllen“ Sie an!

Jemand der innerlich tobt und nach außen schreit, erlebt selbst gerade extremen Stress. Da Menschen in dieser Situation nicht in der Lage sind neue Informationen aufzunehmen, macht es wenig Sinn, beruhigend auf jemanden einzusprechen oder Erklärungen abzugeben.

Es ist sehr schwer, diesem aggressiven Akt des Anschreiens nichts entgegenzusetzen; es hat sich aber bewährt selbst ruhig zu bleiben und das Gegenüber einfach nur anzuschauen. Direkt in die Augen und mit voller Aufmerksamkeit.
Das signalisiert: „Ich nehme Sie wahr, lasse mich aber nicht provozieren!“.
Wenn Ihr Gegenüber genügend Druck abgelassen hat, nehmen Sie das Gespräch wieder auf:

„Herr/Frau Meier, ich will von Ihnen nicht angeschrien werden. Entweder Sie entschuldigen sich oder das Gespräch ist beendet!“.

Falls Sie jetzt selbst zu aufgebracht sind, um das Gespräch fortzusetzen, sagen Sie beispielsweise:
„Herr/Frau Meier, ich will von Ihnen nicht angebrüllt werden. Ich schreie auch nicht. Ich beende das Gespräch jetzt und gebe Ihnen einen neuen Termin. Dann starten wir einen neuen Versuch ...!“.

Sollte es Ihnen nicht gelingen, das Geschrei still und aufmerksam „auszusitzen“, dann kann es hilfreich sein, etwas Unerwartetes zu tun. Akten auf den Tisch klatschen beispielsweise oder die Tür zum Flur oder das Fenster öffnen, um mehr Öffentlichkeit zu schaffen.

Wichtig ist es aber, egal was Sie tun, niemals den Blick abzuwenden. So zeigen Sie, dass Sie sich durch das Verhalten des Gegenübers nicht dominieren lassen.

Bei Kunden, die Sie am Telefon anschreien, ist die Situation einfacher zu steuern. Kündigen Sie an, das Gespräch zu beenden, falls ihr Gegenüber sich nicht beruhigt. Bei anhaltendem Gebrüll legen Sie tatsächlich auf.

Selbst wenn der emotionale Ausbruch einer Person nachvollziehbar ist, so dürfen Sie dennoch Respekt erwarten.
Achten Sie die Gefühle einer anderen Person nicht mehr als Ihre eigenen!

2. Klienten beleidigen Sie!

„Blöde Kuh, Arschloch, dämliche Bratze oder F...“.


Ich bin oft wirklich sprachlos, wenn mir Mitarbeiter:innen berichten, was sie sich in Ausübung ihres Berufs so anhören müssen. Das kommt vielleicht nicht täglich vor, aber wenn es passiert, dann geht so etwas nicht spurlos an uns vorbei. Es sitzt! - oftmals für längere Zeit.
Schauen wir uns an, welche Reaktionen sich bewährt haben:

Wenn Sie sich beleidigt fühlen, ist es wichtig das sofort zu äußern:
„Ich kann verstehen, dass Sie verärgert sind, aber es geht nicht, dass Sie mich persönlich beleidigen. Ich behandle Sie fair und das erwarte ich auch von Ihnen!“.


Steigerung 1:


Sollte das nicht fruchten, stellen Sie eine Beendigung des Gesprächs in Aussicht: „Sie stoppen Ihre Beleidigungen jetzt sofort oder ich beende das Gespräch!“.

Steigerung 2:

Wenn auch das nichts nutzt, sollten Sie den Kunden ruhig aber bestimmt des Raumes verweisen. Um auch nonverbal stimmige Botschaften zu senden, stehen Sie auf, öffnen die Tür und weisen dem Kunden den Weg hinaus. Falls es für Sie passt, können Sie dem Kunden die Möglichkeit einräumen, anzurufen und sich einen neuen Termin geben zu lassen.

Steigerung 3:

Manchmal sind Beschimpfungen aber auch zu herabwürdigend und heftig, als das ein Entgegenkommen angezeigt wäre. Hier ist die Ankündigung eines Strafantrags genau richtig: „Das höre ich mir nicht weiter an, ich werde Sie wegen Beleidigung anzeigen. Verlassen Sie sofort mein Büro, sonst rufe ich die Polizei!“.

Im Idealfall verfügt Ihre „Organisation“ über Null-Toleranz-Leitlinien, die keinerlei verbale oder tätliche Angriffe gegenüber Mitarbeitenden oder anderen Besuchern dulden. Darin sollte beispielsweise verbindlich festgehalten sein, wann Beschäftigte einen Hausverweis aussprechen dürfen, wer ein Hausverbot erteilt und wie der Strafantrag eines Mitarbeiters oder seines Vorgesetzten erfolgen kann (bei Beleidigung beruft man sich auf §185 des Strafgesetzbuches).
Falls es solche Richtlinien noch nicht gibt, sollten Sie das anregen. Eine einheitliche Linie, die konsequent auch von Vorgesetzten unterstützt wird, sorgt für Orientierung und Klarheit - auch in der Außenwirkung.

3. Klienten bedrohen Sie!

„ Nicht mit mir! Ich weiß, wo Du wohnst!“.

Wie Sie mit dieser Drohung umgehen, wird sehr stark davon abhängen, welche Vorerfahrungen Sie gemacht haben und wie Sie Ihre persönliche Wehrhaftigkeit einschätzen.
Wurden Sie schon einmal angegriffen? Wie ging die Sache aus? Sind Sie ein Ass in Selbstverteidigung oder eher nicht?
Je nachdem, wie Sie das Gewaltpotenzial Ihres Angreifers einschätzen, kann es passieren, dass Sie sich fortan nicht mehr sicher fühlen - auf dem Heimweg oder auch zu Hause. Das ist Stress pur! Schauen wir uns auch hier mögliche Reaktionen an.

Drohungen sollten immer ernst genommen werden, auch wenn sie erst einmal nur ausgesprochen werden. Reagieren Sie sofort:
„Ich lasse es nicht zu, dass Sie mich bedrohen. Sie nehmen das zurück und entschuldigen sich oder ich hole sofort meine Kollegen/den Vorgesetzten dazu“.
Sagen Sie das so laut, dass Kollegen in den Nachbarzimmern aufmerksam werden können.

Steigerung 1:


Sollte der Angreifer auf ihr kommunikatives Angebot nicht einsteigen, wird das angekündigte Szenario umgesetzt. Verständigen Sie Kollegen oder Vorgesetzte. Stellen Sie Öffentlichkeit her und sorgen Sie dafür, dass Sie personell in der Überzahl sind. Wiederholen Sie die Drohung des Angreifers vor Zeugen und fordern Sie den Kunden auf, das Gebäude zu verlassen.

Steigerung 2:


Halten Sie Drohungen immer zumindest in Form einer Aktennotiz fest. Das kann für ein eventuell folgendes Strafverfahren relevant sein. Manchmal setzen Kunden „nochmal einen drauf“, wenn es wieder zur Auseinandersetzung mit einem Berater kommt. Mit einer Dokumentation von Vorfällen lassen sich Wiederholungstäter schnell identifizieren, selbst bei Beraterwechsel.

Steigerung 3:


Melden Sie den Vorfall bei der Polizei, wenn Sie sich bedroht fühlen. Dort kann man dann auf Basis Ihrer Schilderung entscheiden, ob eine Gefährderansprache infrage kommt. Diese Option sollten Sie als wirksame Methode der Grenzsetzung bei Bedarf auch nutzen. Die Polizei stattet dem Angreifer dann innerhalb der nächsten 24 Stunden einen Besuch ab und konfrontiert ihn mit den möglichen Folgen seines Verhaltens. Drohungen funktionieren ja besonders gut unter vier Augen und dieses Prinzip haben Sie mit dieser Aktion effektiv ausgehebelt.

Was tun bei konkreter Androhung körperlicher Gewalt? „Ich hau‘ Dir eine rein!“ oder krasser: „Ich stech‘ Dich ab!“. Oberstes Gebot in dieser Situation: Sie bringen sich aus der Gefahrenzone. Verlassen Sie die Situation, treten Sie die Flucht an!
Wenn der Angreifer einen Auszahlungsschein oder eine Zusage verlangt, geben Sie ihm genau das. Hauptsache ist, er verlässt ihr Büro. Sobald Sie in Sicherheit sind informieren Sie Kollegen, Vorgesetzte und die Polizei.

Merke: Ohne Nahkampfausbildung ist Flucht meist die bessere Wahl!


Über die Autorin:

Kerstin March ist Diplom-Psychologin, Dozentin und Coach. Sie unterstützt Führungskräfte dabei, wirkungsvoll zu kommunizieren und sich als Führungspersönlichkeit authentisch weiterzuentwickeln. Ihr Blog und die kostenfreien Video-Coachings unterstützen Interessierte dabei, ihren Job mit mehr Kompetenz und Gelassenheit anzugehen!

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